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Eine Nachricht aus der Zukunft:

Liebe Leser im Jahr 1998,

wahrscheinlich wundert es euch, hier eine Nachricht aus der fernen Zukunft zu bekommen. Aber unter dieser Url wird tatsächlich die aktuelle Ausgabe Nr. 30 vom 1.1.1998 jetzt im Jahr 2018 noch immer wieder neu gesendet! Seid nicht traurig, wenn ich euch mitteile, dass das die letzte zeitschriftenartig aufgezogene Nummer war, bevor mich der Lebensweg auf die schiefe Bahn (Cobol-Programmierung usw.) verschlagen hat.

Neue Texte erscheinen bis etwa 2000 auf cycamp.at - der cyber campus. Diese Seite gibt es bei euch noch nicht und bei mir nicht mehr. Ebensowenig wie matto.at, wo ich danach bis 2007 noch einige Kurztexte veröffentlichen werde. Das Streßnetz wird in ein Archiv für Hirnsausen umgewandelt und schließlich eingemottet. Jedenfalls bis heute, im Jahr 2018.

Manche Dinge in eurem Streßnetz Nr. 30 kommen in meiner Zeit nicht mehr so gut wie damals. Zum Beispiel waren wir zu eurer Zeit darauf stolz, an der politischen Korrektheit nicht anzustreifen. Manche Passagen in eurem Streßnetz lesen sich dadurch heute wie durchschnittliche Schmähs von FP-Regierungspolitikern (Ja, das gibt es mittlerweile. Und gar nicht so selten.). Da ich einen missverständlichen politischen Anstrich vermeiden will, habe ich euch diese (wenigen) Stellen in der Reprise rausgelöscht, so einer bin ich. Außerdem fehlen ab dato alle Klar-Nachnamen und die meisten E-Mail-Adressen.

Was aber drinbleibt - und das kostete Überwindung! - sind einige wirklich grenzwertig-peinliche Texte, Zeichnungen und Formulierungen, die für die angestrebte Authentizität wichtig sind.

Das Streßnetz entstand ab 1996 auf der Wirtschaftsuni Wien, die ihren Studenten bereits damals E-Mail und Webspace geboten hat. IBM sponserte ein nagelneues EDV-Labor mit OS/2-Rechnern, auf denen als Browser der bekannte &*+!=^X!!-IBM Web Explorer installiert war, welcher nach Klick auf einen Mailto-Link schon einmal einen capitalen Electrizitäts-Ausfall in der gesamten Reichshauptstadt verursachen konnte, zumindest aber einen Computerabsturz.

Dennoch waren die WU-EDV-Räume derart beliebt, dass nicht nur Walrus, obwohl Jurist, extra auf der WU inskribierte, um in den Genuss einer h9xxx@wu-wien.ac.at-Adresse zu kommen. In seinem Webspace zog er die Walrus Page heran, die sich zum Internet-Standardnachschlagewerk zum Thema Beatles entwickelte und heute noch unter walruspage.nets.at erreichbar ist.
Allerdings hat Walrus im Sommer 2018 angekündigt, er beabsichtige "die Walrus Page sterben [zu] lassen", was jeder, der ihn irgendwo erwischt, ihm tunlichst ausreden sollte! Seit Walrus im Studentenmedium cycamp anno 1999 die Juristenkolumne Das Recht-Eck bespielte und sich danach plötzlich davon distanzierte, ist er leider so seltsam; hoffentlich gibt sich das wieder.

Ohne jenen dubiosen Streßnetz-Mitbegründer Christian, dem zu danken ist, dass ich mich, auch wenn ich von mir alleine rede, hinter der Mehrzahlform verstecken kann, wäre das Streßnetz wohl nicht entstanden. Er war damals EDV-Student am BWZ und drängte darauf, eine Homepage zu machen. Deshalb hießen die ersten Ausgaben auch Die Homepage von Matto und Christian. Er trug sein Motto bei (... nimmst du vor dir, nichts zu saufen, und gehst dann doch wieder was kaufen), wählte zweimal die Person der Saison aus und organisierte seine Geburtstagsparty 1996 in einem Studentenverbindungskeller im neunten Bezirk. Um den Frauenanteil zu erhöhen, suchten wir aus dem WU-Adressbuch E-Mail-Adressen von Mädchen anhand weiblicher Vornamen (und mithilfe von Wildcards im Suchfeld, was Christian, der bereits SQL gelernt hatte, coolerweise draufhatte) und schickten den Studentinnen hunderte Mails mit Einladungen. DSGVO ist euch Seligen in den Neunzigern noch kein Begriff. Der Erfolg der Mailaktion war leider trotz allem bescheiden.

Betreffend die Technik muss ich euch, Leser des 20. Jahrhunderts, ernüchternde Fakten eröffnen: Was bei euch in Netscape 4.0 oder Internet Explorer 4.0 so megaleiwand stylisch aussieht, musste für die Anzeige in den heute üblichen Browsern (deren Namen sind noch absurder geworden) ein bisschen geflickt werden. Framesets und Font-Tag sind für euch ja noch keine Fremdwörter, sondern Alltagsportugiesisch. Die Bilder im Streßnetz haben heute Briefmarkengröße, während sie in eurem Original bildschirmfüllend sind (wie auch eure Bildschirme raumfüllend sind - doch dazu ein anderes Mal).

Jedenfalls werden für euch noch 20 Jahre vergehen, bevor ich mich wieder zu neuen Streß-Schandtaten aufschwingen werde. Genießt die Zeit bis dahin so wie ich sie genossen habe!

Euer Matto


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