[Ancón] [Havanna]
Wichtig: Der Verfasser weist darauf hin, daß in diesem Text der Schmäh, der rannte, wirklichkeitsgetreu wiedergegeben wird. Es handelt sich dabei um einen Humor, der nicht politisch korrekt ist, denn sonst wäre er ja nicht lustig. Es sind keine beleidigenden oder unfairen Witze enthalten. Um sicherzugehen: Die erwähnten Personen (wie das gesamte Streßnetz) sind auch nicht politisch extrem, und was gesagt wird, ist nicht immer ernst gemeint. Passagen mit extrem anstößiger Sprache wurden so weit wie nötig gekürzt.

Mojito o Hostia

Kuba ist shmoov

Tagebuch der Kubareise 1996 von Matto
Mitarbeit: Oliver, Dominik
Internet-Version

Vorwort

Gar oft wurde ich während des Vortrags der ersten Version dieses Schriftstücks gescholten, ich stelle Dominiks und Olivers Lichter unter diverse obskure Scheffel. Das muß ich allerdings mit entschiedener Kraft von mir weisen. Ganz im Gegenteil, die zwei sind echt shmoove Genossen.
Dominik zeichnet sich durch seine Härte im Umgang mit Deutschen, sein Know-where, seine Verbindungen, seine Spendierhosen, seine Visakarte, sein Lächeln, seine Begnadetheit für das Schöne, seine Toleranz gegenüber Akzeptanzschwellen sowie durch seine Aura, die weithin strahlt und niemanden kaltläßt, aus.
Auch Oliver kann seine Vorzüge herzeigen. Ich sage nur: Ideenreichtum, sinnliche Rituale, besonders beim An- und Ausziehen in Gegenwart Suzets, messerscharfes Kombinieren, prompte und zuverlässige Zurverfügungstellung von D-Mark, flott-moderne Tänze, Sinn fürs Wesentliche, Erkennen von Obszönem, wenn er es sieht, Beschäftigung mit der latenten Krise des Parlamentarismus in Italien, Soziale Intelligenz, Menschenfreundschaft, die festgefahrene Schemata überdenken läßt.
Kurz: Oliver und Dominik sind urshmoove Wahnsinnstypen, die vor Vorzügen nur so ratattern! Dafür bürge ich mit ihren Namen.

Matto

2.8. Wien

18.00: Treffen der Drei Musketiere bei Oliver
Die "Vouchers" (Oliver: "Was? Wautschers?") vom Hotel Capri sind noch immer nicht da. Dominik ist grantig, und Oliver ist still. Ich bin gut aufgelegt und verarsche Dominik. Der packt's nicht mehr, als ich ihm eine Corn Flakes-Packung vor die Nase stelle. "Was soll das?" - "Da steht drauf: Gute Laune kann man essen." Und richtig. Dominik will aber keine gute Laune essen. 21.30: Der Zug fährt an. Oliver hat angekündigt, daß er nicht schlafen können wird. Beim Einsteigen standen bei jedem Waggoneinstieg Wärterinnen. Dominik: "Komm, zeig doch dem netten BDM-Mädel die Reservierungskarte! - Hihrmpf!" Dann stiegen wir, Schneewittchen und die sieben Zwerge, in den Großraumwaggon ein. Die Sitze heißen dort Sleeperette. Das Personal ist entgegen Dominiks Mutmaßung nicht aus Deutschland, sondern aus der Schweiz. Die Durchsage des Zugswärters war dementsprechend: "In den Waggons mit den Sliepretts ist aus Sicherheitsgründen das Rauchen strikte verboten. Bald wird ein Erfrischungswagen zirkulieren. Mérci." - "Huch, es zirkuliert schon so!" Auf das "Mérci" eines Hüters des Zirkulationswagens erwiderte einer: "De rien."
Oliver schlief wirklich wenig, und ich ebenso, obwohl mehr. Dominik hörte mit meinem Walkman, nicht ohne dabei zu schnarchen. Der Walkman ist übrigens auch schon im Arsch. Ich versuch mich nicht zu ärgern. Aufblasbare Nackenstützen um 73S wollten wir nicht. Wir wetteten, wann wir am Urlaubsort sein würden. Ich: In 42 Stunden. Dominik: 39. Oliver: 41. Wer näher drankommt. Die einzig hübsche von den Nachtschwestern versah ihren Dienst klassisch dem Schicksal folgend natürlich nicht bei uns, sondern bei die Obern ("im Schlafwagenwaggong - Heißt doch so, gell, Oliver?"). Uns waren bloß eine kleine dicke (schlimm) Schweizerin und ein Huch-bin-ich-schön-Dressman (schlimmer) vergönnt.

3.8. Frankfurt

Wir wachten auf, taten umadum, sahen aus dem Fenster. Dominik: "Da schau, eine B-17, die bombardiert jetzt die Stadt. Schau, die Oder! Und wenn sie dann sagen, die Oder ist doch in Ostdeutschland, dann mußt du antworten: Das schaut hier ja eh aus wie in der Zone, und dann sind sie angfressen! Hihihi!" - "Wir hätten gleich das Schiff nehmen können, jetzt gibt's ja eh den Rhein-Main- Donau-Kanal ... den Donau-Oder-Kanal." Hm. Gemein, oder?
Beim Aussteigen nahmen meine beiden lieben Freunde Stan und Oli einen anderen Ausgang. Ich stand mit nur zwei anderen auf dem Bahnsteig. Ein verwirrter Schweizer Schaffner lugte aus dem Zug. Ich: "Das ist doch Frankfurt Hauptbahnhof?" Er: "Warum s teigen Sie denn hier aus? Ich: Warum denn nicht?" Er: "Das Perron ist auf der anderen Seite." Jawohl, DAS richtige Perron war auf der anderen Seite. Und dort waren auch die anderen. In diesem Bahnhof steht nirgends "Frankfurt, Hauptbahnhof". Nur "Bitburger". Und "AEG - Innovative Technik", wobei das G kaputt ist und nicht leuchtet.
Gepäck in die Kistn, und zum Deutsche Bahn-Schalter. Dominik: "Wir müssen um 14.00 am Flughafen sein. Was kostet das, wie lang fährt man da, und wann geht der Zug!?" - "Frau Bruns" (Karte) war hilfsbereit. Dominik wurde ob des Gestapoverhörtons gescholten. In der Stadt (um 6.30) war alles leer, und wir bemerkten anhand einiger Aufschriften (z.B. "Dr. Müller's Erotik-Paradies"), woher Max Goldt immer Motive für seine Fotos im Titanic nimmt. Das wird übrigens in Frankfurt gemacht. Bis 12 Uhr beschlossen die Daltons, zu stänkern, dann sollte die Stadt gelobt werden. Wir fanden vier Deutsche Bank-Hochhäuser. Ein fünftes wurde offenbar gerade gebaut.: Höhe heute: 259m - Geplante Bauhöhe: 258m war angeschrieben.
Nach langem Gehatsche und Gemaule von Oliver sowie unter Gejammer von Dominik, der eine von einer Lampe maltraitierte Zehe hat, fanden wir das Café Laumer in irgendeiner Landstraße. Wir saßen dort erst einmal zwei Stunden. Dominik und Oliver entspannen einen Diskurs über Gott, Kirche, Religion, und die Deutschen ringsum waren offenbar verwundert. Dominiks Zynismus gegenüber diesen sowie ihrem Land ist auch hervorhebenswert. Ich hebe ihn also hervor. Bald schleppte uns Dominik Richtung Städler-Museum. Das ging durch einen Rummel, über eine Brücke, durch einen Flohmarkt und endete in einem Museum (nicht dem angepeilten, sondern dem Museum für Kunsthandwerk. Interessante Architektur, findet Dominik eigentlich.). Da saßen wir im Hof und schließlich im Café. Klägliches Scheitern von Dominiks Kulturprogramm, meint Oliver. Später gingen wir essen. Eine Tschechin servierte uns in der ältesten Brauerei der Welt Sachen und Dinge. Teuer. "Die haben als älteste Brauerei halt auch schon am längsten die Inflation", schloß ich. Huch: Zum Flughafen.
Die Schnellbahn ist wirklich schnell, da gibt's nix. So gebummelt wie mit der S45 wird da nicht. Niederrad, Sportfeld, Flughafen. Nach 20 Minuten die richtige Halle gefunden, ganz hinten angestellt. Die Kofferdurchleuchtung findet sinnvollerweise vor dem Eincheckschalter statt. Eine halbe Stunde später erfuhren die Zwölf Apostel am Schalter von einem netten Frollein: "Wissen Sie schon das mit der Cubana?" - "Nein ...?!" - "Die Maschine ist defekt und geht morgen. Der Veranstalter zahlt Ihnen aber eine Nacht im Hotel Sheraton." Wir gaben die Koffer auf, um uns nicht wieder anstellen zu müssen. "Ich will Blick aufs Meer im Sheraton."
Und dort sitze ich jetzt, und blickte ich, blickte ich gegen eine Wand.
Wir telefonierten noch ein bißchen. Die Telefonistin spielte Minesweeper, und Dominik lugte neugierig auf den Bildschirm: "Ich spiel auch immer Minesweeper beim Arbeiten.", verwirrte er sie. Die zweite Telefonistin: "Das ist nicht Sheraton-Arbeitsmoral!" Dominik findet: Was die Begriffe "Sheraton", "Arbeit" und "Moral" überhaupt verbindet, ist mir rätselhaft.. Kaum waren die Glorreichen Sieben in den gläsernen Telefonkabinen, mußten sie natürlich auch schon Fußballkommentatoren nachmachen. Mit Blick auf die Autobahn.
Abendunterhaltung in Frankfurt: Ein köstliches Sheraton-Menü, wobei einem die Wahl schwerfiel, ob das Publikum (Vokuhila/Rotzbremse) oder das Essen (Dr. Oetkers Jägersauce ... pardong, -sosse) das Schlimme daran war. O-Ton am Buffet: "Ist die Soße mit Flaësch, Ute?" (deutet auf das Zürcher Geschnetzelte) Ute kontert innovativ: "Ja, schon, aber die kannste ja rausmachen!" - Vegetarier in den Neunzigern.

4.8.

Jetzt warten wir erst einmal bis 12 Uhr: Treffpunkt.

Gut, dann war es aber anders. Meine Kumpanen, genannt Die Zwei, beschlossen eine hurtige Flucht vor der Auscheckmafia, die womöglich noch gewisse zusätzliche Gebühren einheben würde. Und so hasteten wir durch die Zollabfertigung für EU-Bürger - endlich nicht mehr der Proloschalter, sondern der Privilegierteneingang (Kaiser, Könige, EU-Bürger und anderes Gesockse). Vor dem Flug nach Havanna (Kassierin im Duty-Free: Sie können hier nicht einkaufen, Sie fliegen ja nach Hannover!) kauften wir noch eine Flasche Havanna zum Riechen. Das riecht aber ganz anders, deshalb schenken wir es Suzet, was wir total doppelbödig finden. In der letzten Durchleuchtungsbarriere suchte man erst einmal in meinem alten, armen, gebrechlichen Olivetti Quaderno Sprengstoff. Ebenjener Beamte interessierte sich auch für Dominiks Zehennagelschere. Tja, andere Länder, andere Sitten. Gottseidank mußte Dominik nicht ihren Gebrauch vorführen.
Abflug um 15.00. Das Flugzeug war eine DC 10 der französischen AOM (Französische Registrierung: F-GHOI. A jiddische Maschine? Wer weiß es.), jedoch befand sich ebenfalls der Schriftzug "Cubana" auf dem blütenweißen zigarrenförmigen Rumpf, der noch regungslos gleich einem schlafenden Cherubim über der heiß flimmernden Asphaltpiste zu schweben schien.
Im Flugzeug mußten die Siebzehn und vier mit entsetzlichem Entsetzen feststellen, daß es keine Sitze G und I gab. Offensichtlich hatte der grausame Buchstabengenozid hier sein schändliches Handwerk ebenso wie andernorts getrieben, und die letzten Vertreter der einstmals stolzen Buchstabenfamilie G und I ins Reich der Mythen und Legenden verbannt. Mit gesenktem Haupt und dem eisernen Bekenntnis "Niemals vergessen!" auf den Lippen betraten wir den Ort des Schreckens. Bald wurde Dominik mit munteren Erfrischungsangebotsrufen aus dem hart erarbeiteten Traum des Gerechten geschmissen. Oder besser: Es wurden uns mit diesen munteren Zurufen die trüben Gedanken vertrieben. Bei kubanischem Bier und einem Mittachessen um vier am Nachmittag zwischen Paris und der Bretagne fühlten wir uns wie Gott in einem Flugzeug über Frankreich (also ziemlich fehl am Platz). Als dramatischen Dreinklang setzte man uns, die wir gefesselt und gepfercht auf unseren Plätzen litten, dann noch das kinematografische Opus des Professor Holland vor, welches wahrlich keine Ohrenfreude ist. Augenschmaus ist es auch keiner. Nicht einmal ein Leberschmarrn. Ein Schmarrn aber durchaus.
Noch zum Essen: Zwei Scheiben Rindfleisch mit Erbsen, aus.
In Santiago landeten Ali Baba und die vierzig Räuber zwischen. Tatsächlich nach bloß 9.15 Stunden Flugzeit. Man erfrischte sich, wobei die Deutschen unwahrscheinlich gelangweilt herumhingen. Wir hingegen waren agil und springlebendig. Dessen bewußt, blieben wir an einem netten Tischchen sitzen und tranken ein Bier, wobei wir noch nicht ahnen konnten, daß wir in nur 17 Minuten bereits ein schönes und bis dato noch nie dagewesenes Che Guevara-Leiberl im Flughafengeschäft gewahren würden.
In Havanna durften wir zur Abwechslung mit einem Bus zum Gebäude des Flughafens José Martí fahren. Hei, war das eine Freude. Diese wurde allerdings auf das menschenverachtendste wie auf das jähste zerschmettert, als die Oberen Zehntausend urplötzlich, überfallsartig zwei Stunden und 25 Minuten in der Schlange vor der Paßkontrollf**s** warten mußten. (Die Sternchen machen Kraftausdrücke unkenntlich, die in dieser Version nicht enthalten sein dürfen.) Diese O****n**** brauchte zum Stempeln der Touristentarchete pro Kopf bis zu 20 Minuten, weil diese urunshmoove H*****f**** bzw. H******f**** zwischen den ohnehin schon lähmend bis quälend langsamen Handgriffen noch die eine oder andere Zigarette rauchen mußte, den einen oder anderen Kaffee trinken mußte oder das eine oder andere Schwätzchen halten mußte. Manchmal schrie diese D*****n***** Sachen wie "Maríiiiiia!", die sie sodann lau im Raum stehen ließ. Hin und wieder blickte diese f****** t**** c*** aber auch nur argwöhnisch ins Leere.
Später mußten wir noch das Handgepäck durchleuchten lassen (warum, warum, warum nur?!!), die Koffer, die fröhlich verstreut in einem bizarren Raum herumstanden, identifizieren und mitnehmen, dann noch einen ausgesprochen dämlichen Amtskappler verwirren, der von uns einen nonexistenten Kofferbesitzidentifikations-bescheinigungspaßnachweis o.ä. verlangte, bevor wir unsere Yamina von Action Sport begrüßen durften, die uns gleich einmal vorjammerte, wie lang sie bereits wartete. Die war aber nett, und außerdem total rot, hoffentlich auch innendrin im Herzen. Außen war sie jedenfalls, abgesehen von dem roten Kleid, eine unsympathisch gut deutschsprechende Mulattin mit einem Oberschenkelumfang zwischen Trivfon Ivanov und Carsten Jancker.

5.8.

Und, als wären wir durch die Magie der Bücherfee ins selbige Dreh- von Guantanamera gezogen worden, bretterten wir fünf Stunden über die Autobahn, nicht ohne dabei dreimal an verruchten, um nicht zu sagen, grotesken Orten Halt zu machen. Nach dutzenden Oldtimern, hunderten Kilometern, tausenden Radfahrern und sicher über hundert Fantastilliarden Schlaglöchern, man könnte sogar sagen, Schlagschluchten, erreichten die Gebrüder Grimm, natürlich nicht ohne die obligate Pferdeherde zuvor von der Straße zu hupen, das feudale Klubhotel Ancón. Wie im Flug waren die 57 1/2 Stunden der Anreise vergangen (Ich habe die Wette gewonnen!), und beim vormittäglichen Warten auf das Zusatzbett geriet diese auch schon allmählich in Vergessenheit. Darum haben wir jetzt auch scharf nachdenken müssen beim Revuepassierenlassen der passierenden Revue.
Wiederholt marschierten wir bei der Tauchbasis auf, doch es war niemand zu finden. Was nur tun mit den vielen blauen Vouchers (Oliver: "Wauzers")? Dann hieben wir uns an die Bar. Viele Hahnenschwänze sind inklusive: Mojito, Cuba Libre, Ron Collins, Ron Punch, Mar Caribe, Piña Colada und Ancón Special. Trinkbar sind Mojito und Ron Collins. Der Rest aber wahrscheinlich auch. Dominik lernt bereitwillig Spanisch: "Un otro, sagt man?" - "Nur otro!" - "Nur otro? Das klingt ja deppert! Kann man auch Un Mojito más sagen?" Oliver hingegen hat noch Angstschwellen zu überwinden, wenn es um "por favor" geht. Außerdem Akzeptanzschwellen, wenn es ums Saufen im allgemeinen geht. Oliver: "Gehen wir jetzt bitte an den Strand?" Dominik: "Wieso? Es ist doch schön hier an der Bar! Was willst du am Strand?"
- Wenn ich wo auf Urlaub bin, wo es einen Strand gibt, dann sitz ich doch nicht den ganzen Abend in der Hotelhalle herum!
- Dann geh doch an den Strand; ich bestell mir jetzt noch einen Mojito. Ich will mich ansaufen.
- Ja, super, Dominik, dann kauf dir gleich eine Flasche Rum und sauf sie auf ex!
- Neiiin, du verstehst das nicht.!! (u.s.w.)

Unser Speisesaal hat Fenster, die so komisch in Scheiben geschnitten sind. Diese Scheiben gehen auf, alle parallelgeschaltet, und lassen durch ca. 5cm breite horizontale, übereinander angeordnete Schlitze Luft eindringen. Außerdem gibt es an jedem Eck eine Bar. Selbstbedienen kann man sich am Mango-, Maracuja- u.s.w. -saft. Hin und wieder gibt es Palatschinken (Dominik: "Pfannkuchen"), geschnetzelte Wurst, Schwammerlsauce mit Haaren (an den Speckschwarten) sowie alles, was man aus Eiern, Mehl, Zucker, Rum, Hühnern, Erdäpfeln, Bananen und Nudeln bereiten kann. So zum Beispiel gebackene Bananenstücke oder Hühnersuppe mit Hörnchen. Das Essen ist aber besser als in Mayanabo. Gegen halb zehn abends war Dominik dann müde, und so zeigten Oliver und ich ihm den Weg in unser Zimmer, und als wir bald vom Balkon herunter ein mächtiges Schnarchen vernahmen, gesellten wir uns zum (besser: hinters) Schippel frischangekommener Italiener, die mutig in der ersten Reihe vor der Showbühne Platz genommen hatten. Sie mußten herhalten für üble Späße � la "Wie begrüßen sich die Italiener?" (nämlich umarm-popoklatsch-taschlziag) und Die-menschlichen-Boxringecken-werden-gehauen. Die Kubaner begrüßen sich laut Showprogramm übrigens wie Oliver und ich den Dominik: Sie schlagen einander beim Reden mit Zeitungspapierrollen ins Gesicht. Wir machen das mit Polstern.

6.8.

Träumerischer Genuß eines Frühstücks. Dann zur Tauchbasis lugen: Ja, so ist das Leben; man auskunftet "Das Boot ist gerade gefahren. Zur schönsten Stelle hier, nach Cayo Blanco." Oliver traurig, Dominik verdrossen, ich finde das aber normal. Dominik: "When is the next dive?" - "at 12:30." - "12:30?" - "Yes, 11:30." - "11:30?" - "Yes, 12:30." etc.
Bis zum Tauchen lagen wir ein bißchen herum und sahen CNN. Oliver bemerkte, daß Bob Dole wohl zu alt sei für das US-Präsidentenamt. Dominik: "Das ist ein falsches Argument. Das darf nicht zählen." - "Es ist ja auch nur Argument Nr. 100, es ist nicht wichtig, aber es ist ein Argument." - "Nein!" - Der Disput dauerte 1 1/2 Stunden. Später gingen wir tauchen (um 11.20). Tauchen ist wie Bergsteigen, nur umgekehrt und anders. Man wird leider ganz naß dabei. Nach dem Tauchgang gingen wir habern, und anschließend fuhren wir sofort wieder mit dem Boot raus. Der Urstreß. Dafür saßen die 220 Volt nach dem Abendessen seeehr lang an der Bar. Oliver versteht den Genuß dabei nicht so ganz, oder es ist ihm seeehr lang zu lang. Jedenfalls verschwand er ("Ich geh voraus an den Strand") und kam dann nach einer halben Stunde vergeblichen Wartens zurück zur Bar, wo wir gerade philosophierten. Ich bettelte den Barmann um kubanisches Bier an, denn sonst gibt's nur Bavaria aus Holland (!). Will er eine Zigarette? - "No, tabaco no. ... tabaco no, cigarillo no, ron no, cocteles no." - "Y mujeres - �no?" - "Mujeres sí, muuchas!" Ziemlich frech von mir, meinte Dominik dann. Auf der Showbühne tanzten theoretisch fesche Mädchen in diesen unvermeidlichen Leggins. Eine Französin aus dem Publikum stellte einer der vielen kleinen Krabben nach, die überall herumlaufen. Dominik fing sie, und ich überreichte sie ihr in einem Mojitobecher. Zum erstenmal einer Frau ein Glas Krabbe dargereicht. Alsdann pendelten wir zwischen Showprogramm und Disko herum, wobei auf dem Showgelände Abba gespielt wurde, und in der Disko auch nichts wesentlich Besseres, nur war fast keiner dort. Ins Bett, beschlossen wir, und Oliver fror noch schnell per Klimaanlage Dominik ein (Dominik vorher über Langusten: "Beim Einfrieren platzen die Zellwände"). In der Nacht schüttete es.

7.8.

Das Gerücht hing über dem einladend ausladenden Gelände unseres Hotels, man würde einen Bootsausflug zum Tauchen in Cayo Blanco veranstalten. EIn Gerücht blieb das aber, nachdem es schließlich die gesamte Nacht geschüttet hatte. Ich beschloß, wegen Kopfwehs nicht tauchen zu fahren, und so ließ ich Dominik und Oliver eine Gelegenheit, einander näher kennenzulernen ohne mich Spaltpilz dazwischen. Während also die beiden statt zwei Tauchgängen auf dem Boot nur einen machten, wobei Oliver unter Beweis stellte, daß er ohne Sauerstoffflasche auch auf 5, 10, 15m kommt, versuchte ich vergeblich, im Hotel irgendeine Art von Zeitung zu bekommen. Dafür beschaffte ich aber Ansichtskarten. Fürs erste schrieb ich elf. Als ich um zwei Uhr im Speisesaal auf meine Genossen wartete, taten die drei Musikanten (Los Villa) das, wonach Dominik sich schon unbotmäßig viele Finger abgeschleckt hatte: Sie spielten Hasta Siempre. Schließlich kamen auch Asterix und Obelix, und frustriert ob der Versäumnis bestellte Dominik in tadellosem Spanisch das Lied nocheinmal: "Hasta siempre, por favor." Dann wurde die Kassette gekauft. "Nice photo." - "Yes, Kodak Photo."
Ein Kubaner hatte versucht, aus geschäftlichen Gründen sich mit mir zu verfreunden. Wie ich denn hieße, fragte er.
- Wal-ter.
- Miguel.

Nun war ich wirklich verblüfft, denn daß alle Kubaner statt "Walter" "Miguel" verstehen, konnte es doch nicht wirklich geben. Aber dann verstand ich:
- DU heißt Miguel. - Ja.
Er bot mir Disko, Langusten und Frauen an. "Häst ihm gsagt, er is a Orsch!" meinte Dominik später dazu. Dieser sitzt jetzt auf dem Bett neben mir und gibt Dinge von sich wie: "Quiero churros tontos." oder "Quiero un baño blanco." Wie soll man sich da konzentrieren?
Am späteren Nachmittag rief Miguel noch an, um lästig zu sein. Wir wimmelten ihn ("Ihr geht aber nicht nach Trinidad ohne mich, oder?") ab. Dann fuhren wir nach dem Essen mit dem Taxi nach ... Trinidad. Fies. Und ohne jeglichen Inbegriff, eine Frau zu erwerben.

Dominik: "Wer net jetzt taucht, der taucht übern Sommer."
Oliver: "Statt dem Lichtschwert hab ich den Lichtpolster." Wumm.

Mim Taxi ginx nach Trinidad. Der Taxler wich den geilen Krabbenmonstern auf der Straße shmoovst aus. Oliver stellte ständig Vergleiche zwischen irgendwas und Kuba an, die er mit schlimmen Geräuschen untermalte. Der Taxler wird sich jetzt denken, Deutsch sei eine irre Sprache, ähnlich wie Klingonisch.
In Trinidad ist es, sobald die Sonne weg ist, finster. Bah, werden Sie jetzt sagen, no na. Aber obwohl man nicht einmal sagen kann, es gäbe keine Straßenbeleuchtung, ist es einfach überall finster. Alle Wohnzimmer sind vollgeräumt mit Möbeln und auf die Straße hin offen. Man sieht einen Fernseher und Leute. Diese Wohnzimmer sehen eigentlich aus wie Bars. Schlimm, wenn man eine Bar sucht.
Wir fanden eine und tranken Mojitos und Daiquirís aus Glasgläsern (oh!). Sehr gute Daiquirís. Dann schüttete es. "�Más dónde están los churros tontos?" fragt Dominik. Schön restaurierte Häuser, fast in allen weniger schön restaurierten Häusern (Eingängen) steht einer und sieht fern. Hin- und hergerissen zwischen Bewunderung der tatsächlich bemerkenswert hübschen Kolonialhäuser und der auch nicht gerade häßlichen Siemafuffzger Chevies und Konsorten fanden wir dennoch zielstrebig unseren Weg in die erstbeste Bar. Konfus, aber authentisch, der Absatz - um nicht zu sagen, genuin. (Allerdings nicht in dieser Version.)
Auf der Rückfahrt prahlte der Taxist mit seinen Modern Talking-Kassetten ... mit seiner Modern Talking-Kassette, die er jedoch selbstkritisch, wie die Kubaner nun einmal sind, als doch eher alt stigmatisierte. Auf Dominiks Unterhose sind Kühe, Hühner und Eier. "Auf meiner sind auch Pipihendis", fügt er schnell hinzu. Entspannung, Ruhe, Insichgehen, die Seele baumeln lassen, plant Dominik für den nächsten Tag, denn heute war der

8.8.

Schon in der Früh erhoben sich die Top Ten geschmeidig aus ihren Betten. Fünf vor acht, leicht gemacht. Das Frühstück war barbarisch, aber kein Wunder, wenn man in einem Hotel wohnt, das ein Anagramm von Conan ist (Ancón). Dann sprangen wir aufs Boot, jeder mit zwei Flaschen voll Sauerstoff, wobei einzuschränken ist, daß meine Zweitflasche natürlich leer war, zumal der Typ hinter der Budel in der Basis nicht der Hellste ist. "Dumm ist der, der, der sie nimmt" sagt Dominik, wobei ihm wie immer die Zunge triefend aus dem Mund hängt, weil er wieder versucht, auf diese Weise Fliegen zu fangen. Das Tauchen war heute laut ihm "superguay". Besonders ultraguay war das Tauchen durch einen ganz tollen Kanal, der ganz toll war, wobei man ganz toll hat aufpassen müssen, daß man da nicht wo ganz toll dagegenknallt, weil der ganz toll eng war. Bei der Rückkehr an den Strand ritt ein Typ auf einem Ochsen herum. Er hatte eine Kapitänsmütze auf - vielleicht eine Polizeistreife.
Nach dem tragikulinarischen Mittagessen warf man sich in die Heia, wo man vier Stunden im Standby-Modus verweilte. Auch beim Abendessen schauten wir kurz noch vorbei, da wir, so jäh aus dem Schlaf gefallen, Kaffee brauchten. Komisch: überall waren lebende Hühner angebunden. (Immerhin besser als tote.) Vor der Tür des Speisesaals gab es ein Gatter, wo wider Erwarten keine Kinder eingesperrt waren, sondern Truthähne, Hendln, Ziegen, Pfauen und so. Wir hatten uns fein herausgeputzt, denn wir gingen Gelsen locken, indem wir in einem 100m vom Hotel entfernten Restaurant Langusten aßen. Im Lauf der Mahlzeit stritten Dominik und Oliver noch darüber, was der Unterschied zwischen einer Languste und einem Salatblatt wäre. Dominik meinte, im Prinzip seien sie gleich. Am Strand wanderten wir zurück und fielen dem Schlaf anheim. Zuvor meinte Oliver allerdings noch, ein Rasenmäher wäre ein Gras-KZ.

9.8.

Frühstück. Cubanacán-Inspektoren wieseln herum, und um irgendwie Eindruck zu machen, werden wir nur schubweise in den Speisesaal gelassen. Tauchen. Es gibt Wracks: Ein Fischerboot und einen Frachter aus Stahlbeton. Der berühmte Christbaumfrachter, der zu Weihnachten 1970 vor Ancón gesunken ist, ist jedoch nicht zu sehen. Dominik schwärmt von Schachtelfischen. Wem's gfallt ...
Am Abend buchen wir einen Rundflug über Trinidad im Sandwich für Montag. Des weiteren beschließen wir, ein Auto zu mieten. Später sitzen wir noch am Strand und trinken einen Mojito. Dann wird Krebsen nachgestellt. Oliver fängt einen Einsiedlerkrebs, baut ihm ein Terrarium und läßt ihn an Dominik hinaufkrabbeln. Dieser lamentiert prompt, denn da Dominik nicht so behaart ist, muß sich der Krebs in der Haut festzwicken.
Im Fernsehen läuft Speed. Dominik: "Da könnt ma einen Film gleich Spannend nennen!", und wenig später ratzt er davon. Ich hingegen geselle mich zum Cabaretprogramm, die Darbietung allerdings beschert mir keine Sinnesfreuden: Darstellung verschiedener Arten von Türen mittels vierer Leute usw.

10.8.

Früh aufstehen, lang trödeln, zum Tauchen hasten. Und wieder machten wir zwei Tauchgänge. Zum Mittagessen gab's Erdäpfelgulasch oder Dr. Oetker-Sauce mit nicht gerade aldenten Bandnudeln. Ein Schlag ins Gesicht der Italiener. Die Nachspeisenkuchen erinnern an die Barbapapas: Tag für Tag gleich, sehen aber immer anders aus.
Nach einer Vierstundensiesta gingen wir abendessen und danach saufen. Wir kamen mit dem Barmann bei der Showbühne ins Gespräch, dann mit Jaime, dem Beleuchter, der auf der Kulisse, dem Castillo, seine Licht- und Tonmaschinerie bedient, und schließlich mit Gregorio, dem theatralischen Chef der Show. Jaime: "Soy el rey del castillo." Er arbeitet schon seit zwanzig Jahren als Ton- und Lichttechniker. Er meint, jeder Kubaner kann ausreisen, aber fast keiner hat das Geld dafür.

11.8.

Heute mieteten Wickie und die starken Männer ein Auto. Ursprünglich war die Übernahme für zehn Uhr geplant gewesen, dann wurde es aber zwölf, da der Vermieter zwischendurch kurz einmal nach Casilda (fünf Kilometer entfernt) fahren mußte. Nachdem wirklich alles, und wenn ich sage, alles, dann meine ich mehr als alles, oder man knüpfe mich bei lebendigem Leibe am Christbaum auf, aber alle werden wissen: Ich sterbe, aber die Geschichte wird mich freisprechen. (La historia me absolverá.) ... ähm, gut.
Erst ging es nach Topes de Collantes (das heißt, in die Berge). Dort oben gibt es ein unglaublich stalinistoides Sanatorium. Dominik meint gar, es könne auch in Minsk stehen: "minskesk, swerdlovesk, kiefesk, gorkesk, grotesk" Den alten Mann ließen wir dort aussteigen. Den hatten wir übrigens vorher im Tal aufgegabelt. Man nimmt Anhalter mit. So zum Beispiel nach dem Mittagessen eine vierköpfige Familie, von der anfangs nur der Vater zu sehen war. Aber neben Oliver auf der Rückbank war noch ein Platz frei, und im Schlichten sind die Kubaner Meister. Beim Sklaventurm fielen gut eine Fantastillion Kinder über uns her. Alle wollten unser Bestes: Seife, Kaugummi, Geld. Und - warum nur, warum? - die leeren Halbliterwasserflaschen aus Plastik. Ein Bub: "Darf ich die Flasche haben?" Ich: "Ich will sie vorher noch austrinken!" Er: "Gibst du sie mir dann?" - "Ja, dann schon." - "Ich bin José Luis, merkst du dir das?"
Und als wir vom Turm zurückkamen, wartete José Luis auch schon. Oben sah man herrlich über die Gegend, aber das gebe ich hier nicht wieder, nämlich dieses unglaublich satte Grün und die schnieke-shmooven Häuschen, die so putzig sind, daß man sich nur fragt: WIE?!
In Trinidad fuhren wir, geleitet von Alejandro auf seinem Fahrrad, zur Plaza Mayor. Dominik wollte zuvor noch ins Kino (!) gehen, aber sowas sind wir von ihm ja schon gewohnt. Später gingen wir ins Revolutionsmuseum (irgendwarum heißt das Museo de la lucha contra bandidos). Alejandro, immer auf einen Dollar aus, führte uns. Ich: "Wie heißt das Schiff da im Hof?" - Alejandro: "Granma." - Ich, empört: "Das ist doch nicht die Granma, die ist ja in Havanna!" - Alejandro: "Ich weiß nicht." - Dominik: "Er is ein Orsch, wenn er uns lauter Scheiß erzählt!" Später (nicht allzuviel später, da das Museum zu achtzehn Neunzehnteln geschlossen war ("Domingo", und kassiert haben sie trotzdem) führten wir den Herrn noch zum Hotel und schenkten ihm ein Leiberl. Als er dann noch einen Dollar wollte, hielt ich dagegen: Das reicht jetzt.
Dominik mag ja noch so ein unbeholfener Dolm sein, was das Fliegenfangen mit der Zunge anbelangt (die Moskitos schafft er schon gar nicht, nur die Mojitos), bei Zigarren kennt er sich aber aus. Ich sitz an der Bar, da kommt er angetanzt mit einer Fünferpackung Montecristo Nummer vier. Augenroll, gaumenklingel. "Die kosten nur 75 Cents mehr als die Markenlosen!" Doch huch: 1. kein Siegel von Cubatabaco, 2. Packung beschädigt, 3. schlecht verarbeitet, 4. zu dick, 5. zu hell, 6. beim Abbeißen hat man das halbe Deckblatt im Mund, 7. kein Geruch, 8. kein Geschmack. Das war uns dann doch zuviel, und als erstes konsultierten wir unseren Freund vom Vortag, den Barmann. Der: "Ich kenne mich mit Zigarren nicht aus, aber ... wo habt ihr die gekauft? Im Caracol-Geschäft? Das ist unmöglich, daß die gefälscht sind! Die werden vom Staat kontrolliert!" Dominik dann: "Jetzt gehma trotzdem hin und fäun sie halt an. Was heißt das, diese Zigarren sind falsch?" - "Geh vielleicht ein bißchen diplomatisch vor!" - "Na gut, dann sag ich ihr halt, diese Zigarren sind nicht echt." - "Estos tabacos no son verdaderos." Und so ging es dann auch: Dominik stürzte mit mir ins Geschäft, brachte sein "Estos tabacos no-son verdad-eros" an, die Verkäuferin nahm es zur Kenntnis (auch nicht die Unschwulst, äh, die Unschuld in Person), hörte sich eine Weile eine Auswahl unserer Argumente Nr. 1-8 an, legte schließlich das Geld hin. Dann Dominik: "Sag ihr, daß es uns darum nicht geht." Später verglich sie noch die Golden Smart-Verschnitt-Montecristos mit echten (aus einer Kiste mit Siegel), dann meinte sie: "Se ve la diferencia" (man sieht den Unterschied) und freute sich, daß wir nicht an Ort und Stelle eine Revolution anrührten, sondern uns die üblichen "Tabacos de Cuba" um 10 Dollar kauften und ihr auch noch die 75 Cent Trinkgeld ließen. "I bin a Mensch, du bist a Mensch, do host hundert Schläi", wie Dominik immer sagt, wenn er nicht gerade sagt: "Kopf hoch, das wird schon wieder!" oder "Ayayayayayay, Puerto Rico".

"Es gibt keinen Klubtanz da. Ich find das eigentlich einen irrsinnigen Vorteil." Worte des Dominik.

Obwohl wir mittlerweile wußten, daß es einen riesigen Bahöö bedeutet, mit dem Auto nach Trinidad zu fahren, taten wir es am Abend schon wieder. Unser Ziel war die Cueva-Disko, aber das Schicksal schiß auf uns. Sie hat am Sonntag zu. Bald verfuhren wir uns, und irgendwann kamen wir zur Disko Las Ruinas. Dort gibt es riesige Räume ohne Dach, was man aber nicht merkt, weil es trotzdem pferdeheiß ist. Natürlich hatten wir auch sofort zwei Anhängsel, die wir mitnehmen mußten, und auch Bier kauften wir ihnen. Sie war 23, hatte eine Haut wie der schwarz gestrichene Zaun eines Jasmingärtchens, und er hatte eine Haut wie ein Stück frisch asfaltierter Südautobahn. Es gab Salsa von einem singenden ehemaligen Arzt, und darum hieß das Konzert "el médico consulta". "Dr. Kurt Ostbahn", erkannte ich blitzscharf, und Dominik fügte wohlprononciert hinzu: "Die Numma ans vom Wienawoid".
Während das Mädel mit dem unaussprechlich guten Namen mich in die Kunst des Saucentanzes einzuführen versuchte, was mir aber stressigfiel, rauchten Dominik und Oliver Zigarren und traten betreten auf der Stelle. In Wirklichkeit aber stellten bzw. schauten sie geilen Frauen nach. (Diese Anmerkung wurde erzwungen!) Unsere Begleiter forderten uns wiederholt auf, aktiver zu sein, welchem wir aber nicht Folge leisteten. Doch uh, oh, uh, was war denn das? Der Doktor hörte mit seinem Klapperrattersalsafaschingstanz auf und räumte die Atmosphäre für ultrashmoove Diskoklänge! Von allen Seiten strömten Italiener, Franzosen, Spanier und auch wir (wenn auch nur von einer Seite) auf die "Tanzfläche". Oliver hatte seine Oliverkappe auf und zuckte los, wie man es in tausenden Folgen deutscher Fernsehserien nicht gesehen hatte; Dominik trank sein Dominikbier aus, trat auf die Fläche und begann grinsend mit Watschen- sowie Pulp Fiction-Victoryzeichentanz, daß es nur so ratatterte im Kartong. Die angerempelten Leute ringsum brauchten ihn nur kurz anzublicken, und schon waren sie unendlich hingerissen und verzaubert von der Erkenntnis, daß auch ein für kubanische Verhältnisse so unmobil großes Monster wie er zu solchen Bewegungsabfolgen fähig ist. Der Südautobahntyp schaute nur so, und das Jasminmädel bemühte sich, mitzuhalten, aber ihre ebenso veraltete wie komplizierte Salsa-Technik ächzte aus allen Schloten, sodaß sie ein unshmooves Apotelesma produzierte. Damit wir ja nicht das Tauchen versäumten, gingen wir um halb zwei. Der König der nächtlichen Südautobahn wies uns den Weg, dann verlangte er noch einen Dollar nach dem anderen, bekam aber nur einen, verstand das nicht und mußte darüber aufgeklärt werden, daß auch Touristen für ihr Geld arbeiten müssen. Wenn er (16) groß ist, will er vielleicht Tourist werden. Wie auch immer. Dominik: Remember there is only one sun, it's the same sun shining upon all of us.

12.8.

Natürlich versäumten wir das 9.00-Tauchboot, da wir um 9.00 erst aufwachten. Tim und Struppi erheischten es aber noch um elf, während ich das Auto zurückgeben mußte. So vertrödelte ich den Mittag mit Sinnesfreuden größter Diversion (i.e. Schweinereien aller Art). (Wie kommt denn das in das Dokument? Wer hat da manipuliert? WIE?? - Der Verfasser)
Dominik wollte mit Oliver unter ein Schwammerl gehen, und damit er wenigstens mit ihm Star Wars spielt, zog er ihm mit den Worten "Komm, sei shmoov!" die Decke weg. Ansonsten ist nicht viel geschehen an diesem Montag.
"Ihr seids fad", findet Oliver. Wie oft tönte dieser Kampfspruch der ollischen Heere wie Trompetenschall hämmernd durch unser Zimmer! Obwohl sich in seinem Rennstall bereits mehrere Generationen von Spitzenkrebsen abgewechselt hatten und vom Zweitakter-125 Kubik-Krebs bis zum 12-Zylinder-Turbokrebs (mit oben liegendem Nockengehäuse) bereits alle von ihnen eine Testfahrt auf dem klassischen Monte Doko-Rückenkurs absolviert hatten, fanden sich keine Sponsoren für diese menschenverachtende Krebsqual. Wobei: Krebs is super!

13.8.

Wurde wohl nix mit dem Flug über Trinidad, den wir geplant hatten. Dafür hauten wir am Abend einen Kubaner bei der Showbühne an, daß er mit uns redete. Eine drastische Diskussion über Sport entbrannte, während welcher Dominik zurecht nicht glauben wollte, daß Thomas Muster nicht mehr Platz zwei der Weltrangliste ist. Vorher war im komischen US-Sender HBO der Film The Net. Dominik und ich hatten aber Hunger und brachen die Rezeption ab (des Films!).

14.8.

Heute hatte Robert Geburtstag. Leider war er nicht da. Zum Frühstück gab's wieder Wahnsinn mit Irrsinn ("Wie schmeckt das?" - "Verrückt!"), dann wurde aber getaucht. Nach dem Tauchen wurden wir ziemlich exklusiv gefragt, ob wir den Nachttauchgang machen wollten. Wir hatten uns schon eine Woche vorher erkundigt, aber da war der Antrag mit dem Argument "Wir haben kein Boot mit Licht" abgelehnt worden. Ein solches Boot gab's zwar noch immer nicht, doch wir tauchten trotzdem. Erst wurden wir von Moskitos (Sonnenuntergang!) ins Boot gejagt, dann fuhren wir hinaus und hauten uns zu dritt mit zwei kaputten und einer inordnungen Lampe ins erschreckend nasse Wasser. Die Lichter der Insel glänzten wie vom Weinen feuchte Kinderaugen vor dem Christbaum. Unten war ein enormer Stau. Dafür bekamen wir eine Languste, einen Krebs und einen Igelfisch zu sehen. Der mußte allerdings noch gerieben werden, damit er sich schön aufblies. Das Auftauchen gestaltete sich gemetzelhaft. Wir schwammen in eine Quallenschule, wobei wir einige dieser possierlichen Arschlöcher in diverse Öffnungen unserer Kleidungsstücke bekamen. Dominik zerfetzte eine gleich total, und ich trage noch immer das Kainsmal einer Qualle, die mich vor ihrem Tod gebrandmarkt hat, um es shmoov auszudrücken. Die Brandmarke liest sich wie "li". Lauter Irre. Quallen heißen auf Spanisch zurecht "schlechtes Wasser" (agua mala).
Hätte in der achten Klasse jemand mir prophezeit, ich würde einst eine Dominik-Troll-Diskussion simultan auf Spanisch übersetzen, ich hätte nur erwidert: Pio, pio, pio. Ziemlich genau das war aber heute der Fall: Er diskutierte zwei Stunden lang mit einem Kubaner über doch eher paraphilosophische Belange. Der schöne Streß dauerte bis halb drei; danach übte Oliver sich noch im Angriff der Hi-Tech-Gelse. Diese fliegt zwar langsam und unter erheblichem Gewummel, aber schlägt umso effizienter zu. In 100% der Fälle bei Dominik. So hatten wir noch bis halb vier nachts unseren Spaß. Was haben wir gelacht. Dominik gibt sich allerdings unversöhnlich: "Niemals vergessen!"

15.8.

Mit den Profiprolos wollten Dominik und Oliver nicht tauchen. Darum begab sich das Dreamteam auf das Boot mit den Anfängern. Und es war so lustig. Ein Mädel hing erst einmal in drei Metern Höhe über dem Meeresgrund an der Ankerleine, bis sie nach fünf Minuten von einem Tauchlehrer gepflückt wurde. Und so fort. Seichtigkeitsrekord beim zweiten Tauchgang: 8,5 Meter.
Am Nachmittag verwickelte man mich in einen Sternenkrieg � la carte, weswegen ich um meine Siesta umfiel. Danach schüttete es wie aus Wolken, und Don Camillo und Peppone beschlossen, daß wir uns ins Meer hauen. Dort stand eine Stange Italiener, die Macarena sang. Baden und Duschen, bei 27� im Wasser und 20� in der schieren Luft, da fragt man sich: WIE?? Mögliche Antwort: Bom, bom, bombombom, bombombombom, Ra-pid!
Heute Abend fand das Festessen anläßlich Roberts gestrigen Geburtstags statt. Wir schluckten vorher Vakuumtabletten. Und es war vergnüglich: Dominik machte einen bunten Früchteteller mit einem lustigen Gesicht drauf. Hihi, lachten wir aus offenen Mündern. Dann schenkte ich Robert zum Geburtstag noch einen Ferrari (!), und die Situation entwickelte sich eskalant. Sturzsatt versuchten wir, uns die Show zu geben, aber um die Bühne tobte bereits die Schlechtwetterfront des Hurrikans Friedhelm. So verzogen wir uns nach dem Schieben ruhiger Kugeln beim Billard in die Disko, wo eine Ersatzshow angesetzt war. Jedoch kam lediglich die Sängerin, die sich bereits vor einigen Tagen eklatante Verkürzungen von Hasta Siempre zuschuldenkommen lassen hatte. Und sie jeierte, klawawerte, hirigitzte, gohohote und uärärerte. Immer wieder kamen Leute zur Tür herein, die, als sie die Ohrenfreude gewahrten, versteinerten und schließlich kehrtmachten. Nach zehn Minuten waren auch wir auf und davon. Gute Nacht.

16.8.

Es ist unser letzter Tag in Ancón, und drum sind wir frech. Wir verlangen, daß wir zu einem Wrack tauchen fahren, diskutieren mit einem desinteressierten Zackenbarsch über die latente Krise des Parlamentarismus in Italien, fragen im Geschäft nach Wodka, möchten vom Barmann, daß er uns zwei Colaflaschen abfüllt, laden im großen Stil Kubaner rund um Gregorio zu Rum ein, und im Gegenzug essen wir ihre Mangos auf. Die Mangos waren als Showgag bei der Noche Cubana verteilt worden. Es begann eine lange Diskussion mit Gregorio über irgendwas, an die sich selbst Dominik nicht mehr erinnert, da er an diesem Abend wirklich betrunken war. Im Zuge des Redens stänkerte er Oliver gewaltig an, was diesen erst erboste, dann erzürnte; allerdings im Wissen um das gewittrige Gemüt des Gegenüber verzichtete er auf Handgreiflichkeiten. Zu Mittag hatten wir uns unsere etwa 40 Seiten Tauchlogblätter unterschreiben lassen.

17.8.

Dominik zu Mittag beim Betrachten einer unversehrten Mango, die auf dem Fernseher liegt: "Habts ihr die Mango nicht gestern angeschnitten?" - "Ja, aber die ist wieder zugewachsen."
Um neun Uhr bei der Tauchbasis den Stempel geholt. "Stempel" heißt "cuño", was eine bestürzende Ähnlichkeit mit dem Wort "coño" hat, das zumindest in Spanien etwas bedeutet, das nur Frauen haben. Dann, um zehn, ging ich mit Oliver wieder aufs Zimmer, wonach dieser sich ins Bett warf, wie Dominik schlief und ich versuchte, meine Sachen zusammenzuräumen, denn die Abfahrt nach Havanna war für Mittag angesetzt. In seltener Eintracht fäuten Clever und Smart auf mich ein, ich machte einen Höllenlärm, was mich bewog, den Balkon aufzusuchen und mich den irren literarischen Äußerungen des Michael Köhlmeier hinzugeben. Bald ging ich auch zu Bett. Um Dreiviertelzwölf fuhr Dominik wie die Feuerwehr aus der Hapfn, und Oliver meldete Interesse an, das Essen noch in Ancón einzunehmen. So geschah es auch, und bereits um Dreiviertelzwei konnten wir Essen, Kofferpacken, Taxlersuchen, Auschecken und Herumtun abhaken.
Erst ging es mit einem alten Lada-Taxi und Dominiks Koffer auf dem Dach querküstein, wo festgestellt wurde, daß in Kuba "coño" wohl etwas anderes heißt als in Spanien, zumal auf einigen Wänden der offizielle Parteispruch SE PUEDE - COÑO stand. Später erreichten wir die Autobahn, wobei kritisch anzumerken ist, daß der Begriff Autobahn hinterfragt zu werden hat, wenn plötzlich, nach einem Stoppschild, ein Bahnübergang auftaucht.

Havanna

Diese Straße mündete mitten in ein Wohnviertel von Havanna, und einige Minuten später wurde der halbe Verkehr der Stadt von einem elend langen Güterzug gestoppt, der vermutlich aufgrund des zu hörenden Krachers mitten auf einem oder wahrscheinlich mehreren Bahnübergängen stehenblieb und sich fortan keinen Dezimeter weiterbewegte. Nachdem alles (auch der Sattelschlepper mit leerem, 15m langen Holzanhänger) über Stock und Stein sowie mitten im Stau umgedreht hatte, setzten wir die Fahrt fort. Und da war es, das Hotel Capri: Von außen zum Erbrechen schirch, und, von allem außer den Zimmern abgesehen, innen auch. Die Fünfziger Jahre leben hier überall: Man beachte nur die Lichtschalter, die Möbel, die Armaturen, die Dreckschicht im Bad ...
Abends fuhren wir mit dem Taxi in die Bodeguita del Medio. Zuerst warteten wir eine Dreiviertelstunde an der Bar auf einen Platz, wo Oliver sich schrecklich beschwerte, und er mit schweren Narkotika (Mojitos) beruhigt werden mußte. Dominik erzählte von der lieben, großmütigen Welt und ihren Kindern, was uns die Wartezeit zusätzlich versüßte. Dann gab es das B del M-Essen, das wir ja schon kennen: Moros y Cristianos, Rollos de Puerco, Hostias con Salsa und alles Gute von Kreuchendem und Wachsendem aus Kuba.
Um anknüpfend zu reden: Wir fleuchten zu Fuß über den Malecón nach dem Hotel zurück, wobei Fleuchen uns ob der Menschenmassen nicht gelang, die den Malecón, mit Rum bebottelt, vollschmusten. Echt shmoov.

18.8.

Erst nach dem Schlafen konnten wir die ausladende Abenteuervielfalt unserer Badezimmer genießen, dann aber umso heftiger. Und bald waren wir, husch, husch, im Frühstücksraum, wo sich uns Welten auftaten: Es gibt Eier, Fleisch, italienischen Kaffee, Apfelsaft, Sojabohnensalat und Sachen über Sachen. Allerdings auch tonnenweise Italiener. Beim Rausgehen verlangte man sicherheitshalber 15$ von uns. Die mußten wir uns mit Yaminas Hilfe erst wieder erstreiten. Die Kubaner mögen ein großes Herz haben und die Luft so lange anhalten können wie keine anderen, aber am Dollarhergeben müssen sie noch arbeiten, denn das geht nur schleppend.
Bald fuhren wir mit dem Taxi nach Santos Suárez, einem Villenviertel, von dem man sagt, es halte sich dort Suzet auf, die im letzten Jahr in Österreich war. Und wirklich: Wir fanden sie, sie schwang über, und in Gesellschaft von Großtante und -onkel (die sie Oma und Opa nennt) sowie Kaffee machten wir es uns in und vor ihrem Haus gemütlich. Der Großonkel ist 90 Jahre alt und war nach der Revolution Rektor der Universität sowie Vizeunterrichtsminister und ist oft mit Che Guevara zusammengekommen. Jetzt könnte man zum Phettberg gehen und sagen, schau, Phettberg, ich hab wem die Hand gegeben, der dem Che die Hand gegeben hat, und für 5000 Schilling geb ich dir die Hand. (Es ist bekannt, daß Phettberg sowas sammelt.) Auch zum Telemax Löffler kann man gehen und ihm das Angebot unterbreiten, ihn anzublicken, denn dieser wiederum interessiert sich für Blicke. Tausend Möglichkeiten!
Suzet erklärte uns, was es mit den SE PUEDE, COÑO-Murales auf sich hat: Ja es heiße das, was nur Frauen haben, und es bedeute soviel wie verdammt. "Das macht die Parteijugend. Mir gefällt das nicht." Also: Man kann, verdammt!
Am Nachmittag suchten die Drei Männer und ein Baby das Hotel Inglaterra heim, dann spazierten wir durch die Stadt. Was vor zwei Jahren noch eine Ruinenwüste mit einer Handvoll Inseln der Zivilisation war, ist heute eine Zivilisationswüste mit einer Handvoll Ruineninseln. Manche Straßenzüge erinnern mehr an Madrid als an das Havanna von 1994. Die meisten Löcher im Boden sind zubetoniert, die meisten wirklich schirchen Hütten schon längst eingestürzt und beispielsweise um La Floridita herum gibt es Dutzende neue Geschäfte und Bars. Allerdings können sich die wenigsten Einheimischen die Preise leisten ... die Preise schon, aber die Waren nicht - aber immerhin ist ihre Stadt nicht mehr so furchtbar kaputt.
Am Abend gingen wir in ein Lokal nahe dem Malecón essen, dessen Vorzug ein 88er Wurlitzer war. Allerdings auch dessen Nachteil, denn wir mußten sechsmal dasselbe Lied von Julio Iglesias hören, bis wir unter Zuhilfenahme von Dollars dem ein Ende bereiteten. In La Floridita zahlte Dominik mit seiner Visa-Karte gleich einmal eine 85$-Rechnung. Dann ging es einmal mehr mit einem illegalen Taxi unter der Führung Suzets zum Hotel Capri.

19.8.

Heute waren wir mit Suzet in diversen illegalen Taxis unterwegs, da das Panataxi eine halbe Stunde nicht gekommen ist. Umso billiger, mehr Geld zum Amschädlhauen über. Wir stiegen vor dem Revolutionsmuseum aus, als es gerade zu regnen begann. Wäre ja gut und schön gewesen, aber leider war das Museum zu, da Montag. Logisch, nicht? Und es schüttete. Dominik: "Das ist nur eine Wolke." Suzet: "Wolke?" Dominik: "A cloud! Where the rain comes from." Da hat Suzet wieder was gelernt. Flucht ins Julio Iglesias-Beisl von gestern ("La Cabaña"). Das Wasser steigt im Schanigarten. Nach einer halben Stunde gab es Sonne, und wir wagten es, weiterzugehen, Schüttet, rein ins Kloster, Regen aus, dann Richtung Innenstadt, schüttet, rein ins staatliche Petroleumbüro etc. Schließlich saßen wir im Hotel Nacional bei grandiosen Hamburgern zu je 4,50$. Suzet: Sauteuer. Dominik: "Um 40S kriegst im Sacher a Cola, a Sandwich kost dort 80!"
Später saßen und lagen wir müde im Hotel herum und sahen Catchen. Ein Typ namens Disco Inferno wurde rüd zusammengeschlagen. Hm, Bistro Inferno, dachten wir uns und marschierten ins Habana Libre, das aber eine Baustelle ist und als solche nicht viel zu essen bietet. Sogar das Bier fehlt ja bekanntlich auf kubanischen Baustellen, dafür stehen alle Arbeiter mit einer Zigarre herum.
Dann verschlug es uns aufs eigene Terrassencafé im Hotel Capri. Leider war der Dachgarten zu, und wir nahmen im L-förmigen Speisesaal platz. Ein Geiger stand herum und geigte die Blumen an der hinteren Wand an. Dann ging er zur gegenüberliegenden Wand und geigte ein Ölbild zu. Dieses Ölbild hätte ich aber auch angegeigt, denn das Stilleben mit einer zu einem Viertel angeschnittenen Mango und einer Banane daneben war doch ziemlich deutlich in der Aussage. Später wandte sich der depressive Musikant der Tür zu, dann dem Weinregal; in die Mitte des Raumes zu spielen, vermied er. Dominik überlegte, man könne statt eines Geigers doch einen Pfeifer, pardon, Kunstpfeifer in ein Lokal stellen bzw. gleich einen Geräuschemacher:
- Wo kommen Sie her?
- Aus USA.
- Dann mach ich eine Polizeisirene: Tatütatütataa!
- Hervorragend! Bravo!


Ständig wummerte es. Oliver: "Ist da eine Disko in der Nähe?" - "Nein, klingt wie ein Schiff." - "Eine Dampfmaschine?" - " Die Klimaanlage?" Es waren die Aufzugmotoren. Dominik: "Wir leben eigentlich in einer schlimmen Zeit. Wir sitzen da und fragen uns, hören wir da eine Disko oder eine Klimaanlage? Das wär so, wie wenn der Kaiser gesagt hätte: Wos hamma denn da, a Revolutionerl oder spüt die Kapöhn?"
Dialog zwischen mir und Oliver:
- Kann sein, daß der Geiger der Rektor von der Musikakademie ist.
- Ham die da überhaupt Noten?
- Nein, die hören nur alle Lieder im Radio und spielen sie nach. Paß auf, gleich nach diesem Lied wird er spielen: Dit, dit, dit, dit, diiit, die Nachrichten.

20.8.

Gleich am frühen Morgen, um halb zehn, begab ich mich ins Habana Libre, um mit der Visa-Karte Geld abzuheben. Als das erledigt war, nahm ich ein Frühstück ein, und meine beiden Kumpane gesellten sich zu mir. Wir konversierten über dies, das und amerikanische Kampfflugzeuge, danach erwarteten wir Suzets Anruf. Dieser kam, wir trafen Suzet und begaben uns zur Festung El Castillo del Morro an der Havanner Hafeneinfahrt. Wir betrachteten eine Sammlung erschreckend falscher Weltkarten aus früheren Jahrhunderten sowie dies, das und jenes, dann stieg Oliver mit Suzet noch den Leuchtturm hinan. Bald waren sie zurück; nun hieß es essenzugehen.
Und das war auch der Moment, an dem es wieder zu schütten anfing. Wir ließen bei Moros y Cristianos, Vaca frita, Rollos de Puerco und einem guten Glas Ciego Montera den lieben Gott einen lieben Gott sein; erst nach den ärgsten Regen- bzw. Wasserfällen setzten wir wieder Füße vor die Tür.
Nun gelang es Suzet, ein altes amerikanisches Auto als illegales Taxi aufzutreiben: einen 55er Chevrolet, innen rot, außen blau, und hundert Meter vor dem Fin de Siglo-Kaufhaus hatte er rechts hinten einen Patschen. Jetzt waren wir also da, in der kubanischen Einkaufswelt, im Tempel des Konsums. Es gab Verschiedenstes in diesem Kaufhaus: ein paar Möbelstücke um je den vierfachen Monatslohn aufwärts, eine Kofferraumladung voll Kleidung, irgendwas und Bücher. Die konnte man jedoch nicht kaufen, denn die zuständige Verkäuferin war heute nicht zur Arbeit gekommen, und keiner der Kollegen fühlte sich kompetent. "Versuchen Sie es morgen wieder oder gehen Sie in ein anderes Geschäft!" bekamen wir mitleidsvoll mitgeteilt. Doch siehe da, der Stand mit den gebrauchten Büchern und Zeitschriften hatte offen. Hier erwarb ich einen Sonderband der Zeitschrift Pensamiento Crítico, ausschließlich mit Schriften und Reden Che Guevaras, Ausgabe vom Oktober 1967, dem Monat, als Che starb. "Ein Juwel", meinte Suzet dazu, und ich muß beipflichten: Ein guter Kauf.
Später saßen die Fantastischen Vier noch im Hotel Inglaterra bei Kaffee und Cola, dann ging es zur Ruhepause ins Capri zurück.
Oliver mußte ob/trotz seiner Unpäßlichkeit passen, bei angekündigten Filmen und tatsächlicher Werbung. Passport, not washboard!, meint Dominik. Als dann bei 9,5 Wochen noch jede Sexszene rausgeschnitten war, mußte Oliver nach 5 Minuten gesamten Films schlafen gehen. Pornos, wo sich die Leute gegenseitig ********** und *********, fordert Dominik (für Andi Prenner). Ob Olivers Unpäßlichkeit (einmal Erwähnen reicht aber), mußten die Fünf Freunde diesmal ohne Timmy, den Hund, sich an die Lösung des kniffligen Falls machen, der an diesem Abend lautete: Mi Daiquirí en la ??? (Die drei Fragezeichen!)
Nachdem ihre Großtante mich noch schnell zu ihrem Erben gemacht hatte, stieß Suzet zu den Neunhundert Tagen von Leningrad, und ohne Umschweife, Umwege oder andere Umstände ginx schnurstracks in die Bar La Floridita.
Ausgedehnte Unterhaltungen mit Suzet wurden leider immer wieder durch den lästigen Mann im roten Sakko unterbrochen, der uns offenbar mit dem Abfluß verwechselte und uns ganz offensichtlich kein Trinkwasser auf die Bar stellte, um es so zu entsorgen. Und wir vermißten Oliver "He, es gibt eigentlich gar keinen weiblichen Wodka, Olga oder so!" sehr. Nachdem das letzte Geld versoffen, das letzte Popcporn gegessen und das letzte Feuerzeug verloren war, mußten wir Bleichgesichter erkennen, daß man Visa-Rechnungen nicht essen kann. Frustriert ob dieser Erkenntnis, zogen Schneewittchen und die sieben Zwerge hinter die sieben Berge (Vedado) von dannen.

21.8.

Bald nach dem Erwachen fanden wir uns auf dem Kapitol wieder, auf dem, um Verwechslungen mit anderen Gebäuden (Ministerium für öffentliche Besamung Bésame Mucho oder der fliegenden Stadt) vorzubeugen, in großen lateinischen Lettern weithin sichtbar bis zum nächsten Häuserblock Capitolio steht. Dort fragte mich eine Französin, ob ich sie nicht mit ihrer Gruppe fotografieren könnte. Oui, oui, meinte ich und tat es kurzerhand. Dann trat ich vor die mich gefragt habende Dame und flüsterte: "Amigo, un dólar."
Das war zufällig auch der Tag, an dem wir in die Partagás-Fabrik gingen. Dort wuzelten zwar keine dicken kubanischen Negerinnen Tabakblätter auf ihren Schenkeln, allerdings sortierten dicke kubanische Negerinnen Tabakblätter auf ihren Schenkeln. Eine aufdringliche Dame steckte uns ständig Zigarren und so zu, daß wir gar nicht mehr wußten, wohin damit. Dafür belästigten wir sie mit einem häßlichen Zehndollarschein.
Bald saßen wir im Hotel Plaza, aßen nichts und verbrannten die meisten der lästigen Zigarren.
Depressiv beschlossen wir, uns mit Hamburgern zuzuschütten, denn so erträgt man den Hunger leichter. Das fand dann im Nacional statt.
Später zogen wir uns ins Capri zurück. Um eine Ausruhphase zu unterbinden, stolzierte bald der blonde Jüngling Dominik mit zum Siegesgruß erhobener Hand in unser mittlerweile zur Räuberhöhle umdekoriertes Hotelzimmer und machte Stunk: "Spindkontrolle! Verdunkeln! Verboten! Verboten! Ach! Mein Leben!"
Dann ließen wir uns an der Rezeption ein Panataxi rufen. Wir fuhren zu Suzet, wo diese einstieg und meinte, aufgrund eines Stromausfalls könne das geplante Treffen der Sieben Siegel nicht in Santos Suárez stattfinden. Also schossen wir erneut quer durch die Stadt und stiegen vorm Hotel aus. Dann ging es auf ins Focsa-Gebäude. Das ist das schirche Haus, das man von unserem Hotel aus sieht. Man sieht, wenn man dort ist, zwar gottlob das Focsa-Gebäude nicht, dafür aber unser schirches Hotel. Verflixt! Das ist der Teufelskreis der Dritten Welt.
Suzets Freunde sind mehrzahlig. Es gibt große und kleine, hohe und niedrige. Alle verschmähen ein gutes Bier durchaus nicht, und sie bemühen sich auch, Che Guevara zu singen (ganz von selber!). Darum passen sie so gut zu uns, den Sieben Todsünden. Wir hielten eine kleine Walzer- und Tangostunde ab, was begeisterte, aber die Zeit nicht eben unvergangen machte. So wurde es spät, und mit der Sicherheit, mit der man sagen kann, daß Haie unberechenbar sind, kann man sagen, daß es schon halb eins vorbei war. Unter den Augen eines neugierigen Polizisten zahlten wir Suzet und ihren Angehörigen ein illegales Taxi nachhause.
Es darf nicht unter den Teppich fallen gelassen werden, daß an diesem Abend noch ein Witztest durchgeführt wurde. Es handelt sich um einen durch und durch kubanischen Witz:

Zwei Kubaner im Büro:
- Der wievielte ist heute?
- Der 21.
- Falsch, Genossin, es ist immer der 26.!
- Haa, haa, haa.

(Dos Cubanos se encuentran en el despacho.
- �Hoy es el ...?
- 21.
- No, compañera, �siempre es veintiseis!)


Man muß wissen, daß der Spruch "Siempre es 26" einer der wichtigsten Propagandaslogans der Revolution ist.
Die Akzeptanz war hoch, aber die Bekanntheit null.

22.8.

Beim Eingang zum Revolutionsmuseum mußten wir schon einmal unverschämt viel Geld ablegen. Dafür bekamen wir Suzets Nachricht auch nicht. Ich fand sie auf dem Tisch beim Eingang. Nach einer kurzen Prüfung ("Von wo sind Sie?") wurde sie uns dann ausgehändigt: I am upstairs - Suzet. Oben waren viele persönliche Gegenstände von Revolutionskämpfern zu sehen. So zum Beispiel Raúl Castros Hose, die er irgendwann einmal getragen hat, oder ein verbeulter Kochtopf, den ein paar Kämpfer vor dem Kampf benützt haben. Auch die Setzmaschine, mit der Raúl Castro seine Visitkarten drucken lassen hatte, die er beim Kampf in der Moncada-Kaserne verwendet hat, war ausgestellt.
Nach dem Museum begann die große Zigarrentour. Erst nach Miramar, wohin wir mit einem illegalen Taxi fuhren. Unterwegs mußte ein Polizist davon überzeugt werden, daß die Fahrt gar nicht illegal sei. Er kommt aus dem Oriente, war das schlagende Argument.
Leider hat in Havanna die Montecristo Nr.4-Mafia zugeschlagen. Diese auch Cosa Nuestra genannte Organisation hat binnen einer Zeitspanne sämtliche Montecristo Nr.4 unter ihre Kontrolle gebracht, und das gemeine Volk kann sich aufhängen. So kaufte nur ich Zigarren, und zwar Sancho Panza sowie Ramón Allones. Bald möchte ich noch oben genannte Nr.4 besorgen, aber die astronomischen Preise werden mich mißmütig stimmen. Wir waren übrigens auch im Hotel Meliá Cohiba und hätten dort fast unglaublich viel Geld ausgegeben.
Hujei, brüllten wir und rasten ins Nacional, um unseren traditionellen Nachmittagsburger zu verspeisen. Diesmal lernte Suzet die Wörter Trampel und ****** (jodido). Nun kann sie schon Sachen wie "Du bist ein shmoover Trampel" oder "Jetzt sind wir die *********" sagen. Sie schreitet fort, finden wir. Dominik hielt Oliver einmal mehr vor, er äße desaströs sowie er richtete mit Regelmaß schreckliche Musakas an. Das ließ der aber nicht auf sich sitzen; außerdem fand sich glücklicherweise ein mit einer kubanischen Nutte schmusender französischer Tourist als Auszurichtender. Diese beiden bissen und fütterten einander. Nicht Oliver und Dominik, sondern der Franzose mit der kubanischen Nutte. Bald zog ein Gewitter auf. Da warfen wir unseren Plan, Zigarren zu suchen, über Bord, stießen Suzet ins Unwetter und gingen uns in unseren Betten fläzen.
Als dann am Abend Dominik mit seinem blauen - oder war's das weiße? - Hemd, das er bereits die ganze Woche trug - oder war's Körperbemalung? -, bei uns einmarschierte, wollte er auch schon wieder gehen, bitte. Jetzt können wir's schon ganz gut: Sss, Taxi, dann direkt in die Bodeguita. Dort ein paar Mojitos zerstört und Zigarren probiert. Oliver steht sich's auf die Torpedos. Zu den Genüssen der Typen flüssig und gasförmig kam dann auch noch der feste Genuß einer Bodeguita-Spezialität: Frittierte Riesengrammeln. Das klingt schlimm, paßt jedoch zum Mojito wie die Butter zum Kaffee.
Nun folgt eine liebgewordene Tradition, die von Oliver gepflegt wird: Nach jedem verspeisten Teller Grammeln (und das ist pro Abend einer) entfährt ihm ein Schrei: "Waaahnsinn!!" Schlagartig erstirbt die Konversation, dutzende Augenpaare starren auf uns, und der Barmann läßt die Rumbottel in die Abwasch fallen. Nun folgt der die Spannung aufheizende Satz: "Ihr habts jetzt in fünf Minuten den ganzen Teller aufgefressen?!!" Was den Abschluß dieses Rituals bildet, wird bereits von allen erwartet, nämlich ein: "Ich hab von dem ganzen Haufen nur ein einziges gegessen!" Dann lacht die Menge kurz auf, man dreht sich zu seinem Gesprächspartner und unterhält sich weiter. Bald hat wieder ein wohliges Grummelgrummelblabla den Raum erfüllt.
Kurz vor Sperrstunde fanden wir uns in der Floridita ein. Es war irr: Der Barmann erzählte uns, er könne sich daran erinnern, wie er uns svor zwei Jahren die Rechnung auf einen Wimpel geschrieben hat. Das war zu rührend! Dominik konnte wieder seinen liebgewonnenen älteren, mit dem "herrlich depressiven Gesichtsausdruck" ausgestatteten Ober beobachten. Verzückt saugte er an seinen Strohhalmen, während eine Horde wilder Portugiesen mit einer sich in ihrer Gewalt befindenden Schachtel Cohiba Robustos die Bar stürmte. Diese lenkte Dominik jäh ab. Er hatte nämlich in ganz Havanna keine solchen Zigarren kaufen können. Nun wurde uns noch vor Augen und Nasen geführt, daß die Robustos, die die Portugiesen um 20 Dollar gekauft hatten, tatsächlich echt waren. Verstürzend! Wir ließen uns die Adresse des Schwarzhändlers geben. Wie wichtig diese Cohibas für Dominik sind, läßt sich anhand des folgenden Dialogs darstellen:

Oliver zu Dominik: "Wenn du keine Cohiba Robustos kriegst, was kaufst du dir dann?"
Ich: "Einen Revolver, und er erschießt sich."
Dominik: "Genau das mach ich."

Später gaben wir unsere letzten Dollars für ein illegales Taxi aus. Der Fahrer machte immer wieder einen Zug aus seiner Rumflasche und ließ diese dann herumgehen. Das nenn ich Service!

23.8.

Und wieder mußten wir ins Habana Libre zum Geldabheben. Diesmal mit Suzet und vielen Leuten in der Schlange. Oliver versuchte eine Viertelstunde sich im Eingangsbereich dieses Hotels aufzuhalten, und hätte er seine Spendierhose angehabt, wäre er dadurch Eigentümer von etwa 350 Zigarren und Gebieter über 17 Taxis geworden. Aber schneckn!
Dominiks Suche nach dem Stoff, aus dem die Marie ist, nämlich Cohiba Robustos, nahm immer perversere Maße an. Suzet fürchtete sich sehr, als sie uns den Weg in ein verruchtes Viertel wies, wo laut den Portugiesen vom Vortag günstige und echte Robustos zu erstehen waren. Und tatsächlich lief der Erwerb der Zigarren so ab, wie man sich einen Drogenkauf in New York vorstellt: In Hinterzimmern von baufälligsten Häusern, mit gedämpfter Stimme, Probieren, Reklamieren, Späterwiederkommensollen, vorsichtigem Umschauen beim Aufdiestraßetreten, Fahrten in verbotenen Taxis aus den 50er Jahren.
An diesem Nachmittag waren wir außerdem in der Casa del Ron / del tabaco, welche sauteuer ist, schließlich aber im Museo del tabaco, das mit Abstand das billigste und freundlichste Geschäft am Platz ist. Der Verkäufer erinnerte sich an Dominik und mich; besonders an mich, weil ich einem seiner Stammkunden so ähnlich sehe. Der sehe aus wie ich, nur älter, meint der ältere Mann.
Wenn man bei einer Mineralölgesellschaft arbeitet und Tag für Tag darauf achten muß, daß jeder, der das Tanklager betritt, am Eingang sein Feuerzeug abgibt, dann kann es sein, daß man beim Vernehmen des folgenden Erlebnisses schlicht durchdreht: Wir warteten auf unser illegales Taxi; der Fahrer füllte bei offenem Kofferraum noch Benzin von einem Tank in den anderen. Da bemerkte ich, daß es bei seinem linken Fuß rauchte. "Der steht auf einer brennenden Zigarette!" machte ich die anderen aufmerksam. Doch so war es nicht: Die Zigarette hatte er in der linken Hand; in der rechten hielt er den Kübel mit etwa drei Litern Benzin. Schließlich beugte er sich tief über diesen und nahm die Zigarette in den Mund. Dominik, Suzet und ich machten einige Schritte zurück. Der zweite Kubaner, der verträumt neben dem Benzinhantierer saß, sah uns verwundert an. Schließlich verstand er und lachte. Schwache Nerven, die Europäer.
Nach dem Kofferpacken las Suzet im Hotel diesen Reisebericht vor. Besonders die Stellen, die Dominik noch nicht kannte, brachten ihn doch etwas zum Lachen. Es gestaltete sich schwierig, Suzet Wörter und Sätze zu erklären wie:
Verstürzend; Grammeln; Oliver steht sich's auf die Torpedos; was begeisterte, aber die Zeit nicht eben unvergangen machte; mit der Sicherheit, mit der man sagen kann, daß Haie unberechenbar sind, kann man sagen, daß es schon halb eins vorbei war.
Zur Belohnung für ihre Treue wurde Suzet gezwungen, mit uns im Hotel Nacional einen Menüeßgeschwindigkeitsrekord aufzustellen. Wir brauchten von sieben bis viertelneun mit dem vielgängigen Menü. Suzet hatte dem Ober gesteckt, daß wir es eilig haben. Yamina war währenddessen im Capri am Durchdrehen, da der Flughafentransferbus wartete, dafür durfte sie sich aber noch mit der Rezeptionistin streiten, denn diese wirklich obervertrottelte Terafunsn hatte laufend vergesen, uns Nachrichten weiterzugeben, sodaß wir zu spät auscheckten und einen halben Tag zahlen hätten müssen, wären wir nicht so stur gewesen. Yamina stritt und gewann. Hurra!
Bald verabschiedeten wir uns auf das entrañabelste von Suzet und bestiegen den Yaminabus. Auf der Fahrt mußte Yamina speiben, was ihr leider mißlang, dafür wurde aber Dominik schlecht. Oliver war allerdings in Topform, und er strotzte dermaßen, daß alle nur so stierten. Wir hörten von einem Deutschen, mit dem wir tauchen gewesen waren, daß er eine Gratisnacht im Hotel Nacional auf das rüdeste abgelehnt hatte. Prompt wurde ihm im der Goldene Mongo otorgiert.
In Frankfurt konnten wir noch die Filme Striptease sowie Eraser genießen, wobei der letzte einen Disput entfachte, der seinesgleichen nicht zu verstecken braucht. Wie immer: Für Oliver war es ein Superfilm, für Dominik war er einfach schlecht.

24.8.

Wenig später rechneten wir in unseren Sleeperetten aus, welch drakonische Summen wir unseren Eltern sowie einander nun schulden und stellten fest, daß die Rückreisezeitwette von Dominik gewonnen wurde. Das Komitee CUBAMATTO otorgierte diesem einen Spezialpreis für den Tip 38.45 Stunden; das war am nächsten an den tatsächlichen 39.30. Und mit der Einfahrt in den in einem völlig verregneten Wien sich befindlichen Westbahnhof samt danach prompt erfolgtem Empfang durch Dominiks Eltern sowie Vroni schließe ich dieses Reisetagebuch, auf daß es dem Ziel der Wahrung unserer Faulheit dienen und uns somit die orale Wiedergabe unserer Erlebnisse ersparen möge. Abschließend unser Leitsatz im zwischenmenschlichen Umgang:

!O te callas o te doy una galleta!

Siehe auch:

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